Angriffskrieg ? Es dämmert einigen.

Manchmal geschehen wirklich noch Zeichen und Wunder. Oder ist das übertrieben und die Leute brauchen halt etwas Zeit, ihre geliebten Vorurteile, ihre Irrtümer, ihre Irritationen zu überwinden. Keine Angst, hier geht es nicht um ein Wort zum Sonntag. Hier geht es um die Vorgänge seit dem 24. Februar letzten Jahres und, laut Gesetzestext sowie regierungsoffizieller Bekenntnisfloskel, um den sogenannten „russischen Angriffskrieg“ in der Ukraine.

Auffällig viele irgendwie Linksliberale hatten sich freiwillig einem Kotauzwang unterworfen und leiteten die Veräußerung ihre Gedankenwelt seit diesem Februar dann stets mit „russischer Angriffskrieg“ ein (Vgl. dazu hier).

Jetzt, nach gut einem Jahr des eskalierten Ukrainekonflikts, dämmert es offenbar einigen: Man beginnt in den Nachrichten seit 2014 nachzublättern und entdeckt, daß die Russische Föderation ja offenbar genug Gründe hatte, die Avancen der NATO sowie der USA und der EU zurückzuweisen und dem bis an die Zähne bewaffneten und im Höchstmaß terroristisch agierenden Neonazi-Regime in Kiew auch militärisch zu begegnen. Hinzu kam ja noch, wie sich inzwischen herausgestellt hat, der eingestandene Betrug der Frau Merkel und der Herren Hollande und Macron in puncto Völkerrecht, was das Ende diplomatischer Aktivitäten unter dem Stichwort ‚Minsker Verträge‘ begründete. Vgl. dazu auch den Beitrag von Herrn Poroschenko, Selenskis Vorgänge, der in dreister Offfenheit darüber alles herausplapperte.

Gabriele Krone-Schmalz am 02.04.23 auf der Konferenz der ‚Handwerker für den Frieden‘ in Dessau-Roßlau mit einem vielbeachteten („Standing ovations!“) Referat

Eine der bekannteren Persönlichkeiten unter den ehemaligen Russland-Verstehern, Gabriele Krone-Schmalz,  möchte sich eher nicht mehr dieser Bekenntnis-Floskel bedienen. Diese Frau hatte sich vordem ganz sicher große Verdienste um die Völkerverständigung gegen alle russophobe Hetze erworben. In einem im Übrigen nachlesenswerten Interview in den  NachDenkSeiten äußerte sie:sich zur Frage:„…vor über einem Jahr kam es zum russischen Einmarsch in die Ukraine. Wie haben Sie das bewertet? Wie sehen Sie das heute?“

„Ich war total überrascht und schockiert und hätte nie damit gerechnet. Das habe ich damals auch entsprechend kommuniziert. Wie sehe ich das heute? Ich bin – als Mensch – nach wie vor verzweifelt. Als Journalist und Staatsbürger bin ich sehr enttäuscht über die Fantasielosigkeit von Politik und darüber, dass das politische Kerngeschäft, nämlich Diplomatie, zugunsten von militärischer Unterstützung vernachlässigt wird. Ich habe für alle möglichen faktenbasierten Argumentationen Verständnis, aber das Wichtigste kann meiner Meinung nach nur sein, so schnell wie möglich einen Waffenstillstand herbeizuführen. Egal wie dieser Krieg entstanden ist, er muss so schnell wie möglich beendet werden. Wenn man von Menschenrechten und von wertebasierter Außenpolitik und all diesen Dingen redet und das wirklich ernst meint, dann kann nur das die logische Folge sein. Wer wann welche Fehler gemacht hat – damit kann man sich beschäftigen, wenn das Schießen aufhört.“

Es ist ihr die Verzweiflung, von der sie spricht, ganz sicher abzunehmen und auch ihr Wunsch, daß es jetzt, wie sie fordert, auf einen gescheiten Friedensplan ankomme. Ob sie allerdings jene Fakten der von ihr zitierten „faktenbasierten Argumentationen“ wirklich kennt, darf bezweifelt werden. Die NachDenkSeiten selbst und – in aller Bescheidenheit – wir auch, hätten dazu einiges an Material anzubieten – vgl.z.B. hier).

Aus einer anderen gesellschaftliche Strömung heraus gab es ebenfalls erstmalig Äußerungen zum Kriegsgeschehen ohne die o.g. Kotau-Floskel. Die Rede ist vom ‚Bundesausschuss Friedensratschlag‘, um den es jedoch eher stiller geworden ist – in diesen Zeiten geradezu paradox. Die mit dieser Struktur verbundene Gruppe ‚frieden-links‘ , einer Sammlung von irgendwie friedensbewegten Mitgliedern der Linkspartei, hat unlängst ein Thesenpapier veröffentlicht, welches von Frank Braun, einem Aktiven unserer Intiative ‚Frieden mit Russland‘, in einer Einzeläußerung per email vom 06.04. folgendermaßen kommentiert wurde:

(…) Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde von ‚frieden-links‘,

eure Thesen (…) nehme ich mit Interesse zur Kenntnis und will versuchen, darüber auch eine Diskussion in der Initiative ‚Frieden mit Russland‘ in Hannover anzuregen.
Ihr als Mitglieder der Partei Die Linke gehörtet über die letzten Jahre zu den Unterstützern unserer Arbeit im Sinne von ‚Frieden mit Russland!‘. Dann, mit zunehmender NATO-Eskalation in der Ukraine bemerkten wir, daß sich viele aus eurer Partei ganz offensichtlich zurückzogen und sich im Zuge der ‚russischen Spezialoperation‘ ab Februar 2022 gar nicht mehr vorstellen konnten, daß ‚Frieden mit Russland‘ seine Bedeutung behalten wird. Andere wurden gar zu NATO- und Klimaschützern der Marke ‚Transatlantifa‘ und interpretierten Zeitenwende plötzlich ganz eigenartig im Sinne des ‚freien Wertewestens‘.
Unter den Unterzeichnenden eurer Thesen finden wir die Namen einiger, die sich auch ganz schön dem regierungsamtlich verordneten Kotau einer Kritik am sog. ‚russischen Angriffskritik‘ unterworfen haben – eine Angelegenheit, die wir mit Verweis auf die Faktenlage seit 2014 nicht akzeptieren konnten und können.
Ich habe Anlaß davon auszugehen, daß ihr mit euren Thesen den Versuch unternehmt, der fortschreitenden Ausdünnung eurer Reihen entgegen zu wirken. Insofern ist euer Interesse mit dem der Initiative ‚Frieden mit Russland‘ zwar nicht deckungsgleich – weil wir parteipolitisch nicht gebunden sind -, aber es ist aus meiner Sicht trotzdem zu hoffen, daß eure Abgrenzung von ‚linksistischen‘ Politikstilen erfolgreich sein wird.
Die Initiative hier in Hannover spricht Mitglieder und Sympathisanten der Linkspartei, der DKP und des Freidenkerverbandes an, aber auch solche von ‚Die BASIS‘ und von der AfD sowie anderer wertkonservativer Kräfte. Es ist also jenes ‚Gemisch‘ sozialer Strömungen, welches in anderen Städten v.a. Ostdeutschlands längst gang und gäbe ist und dort nicht zuletzt auch deswegen politisch recht erfolgreich.
Nach meiner Kenntnis hat sich dort auch Friedensbewegung von Anfang an als Bewegung sozialen Protests entfaltet. Ihr könnt sicher noch die total mißlungenen bundesweit veranstalteten Events ‚Genug ist Genug‘ und ‚Sozialer Herbst‘ erinnern, wo unter maßgeblicher Führung einzelner Verwaltungsstellen v.a. von ver.di und IG-Metall der Zusammenhang von antirussischem Wirtschaftskrieg und ebensolcher Sanktionen mit der sozialen Verelendung und Deindustrialisierung hier im Lande nicht genannt werden durfte und die Mobilisierung deswegen auch ein erbärmliches Ergebnis zeitigte. Leider ist in euren Thesen genau dieser Moment der Verbindung von sozialer und Friedensbewegung gar nicht entwickelt. Ich möchte anregen, daß ihr über dieses gewichtige Thema weitere Beratungen unternehmt und dies in geeigneter Form zum Ausdruck bringen könnt.
Denn die nächsten Events stehen ja vor der Tür: U.a. Ende April die große Friedensdemo in Magdeburg, am 13. Mai ebenfalls in Hannover und schließlich, spätestens dann im Juni gelegentlch der NATO-Manöver mit angekündigten zweihundert Kampfjets v.a. über Niedersachsen.
Ich gehe davon aus, daß bei denen, die eure Thesen unterzeichnet oder/und sich zu eigen gemacht haben, keine Neigung besteht, wie hier in Hannover am 31.01., Auftritte unserer Aktiver mit russischer Trikolore zensieren und dem russophoben Wahn etwa noch eigene Verbote hinzufügen zu wollen.

Ich verbleibe hoffnungsfroh und mit solidarischen Grüßen
Frank Braun, Hannover, Aktiver der Initative ‚Frieden mit Russland‘ sowie Mitglied des Landesvorstands-Nds. des Deutschen Freidenker-Verbandes

Die Initiative ‚Frieden mit Russland‘ kann natürlich nicht so tun, als gäbe es die staatliche Drohung gegen diejenigen nicht, die Verständnis für die Handlungsweise der Russischen Föderation aufbringen. Vgl. dazu stellvertretend für viele andere Fälle die Strafverfolgung gegen H. Bücker/Berlin.

Wir haben andererseits aber allen Anlaß davon auszugehen, daß die Ableistung der Kotau-Floskel die Herausbildung einer wirklich starken Friedensbewegung behindern kann.

Insbesondere in den ostdeutschen Bundesländern, wo in der Regel deutlich bescheidenere soziale Verhältnisse herrschen und man dort offenbar viel besser weiß, daß der Wirtschaftskrieg des Westens gegen Russland mit all den Sanktionen vor allem uns selber schadet. Insbesondere dort also scheint der Protest auf der Straße gegen Waffenlieferungen und dagegen, die Ukrainer bis zum letzten Mann für den Westen kämpfen zu lassen, mit solcherart Kotau nicht geschätzt zu werden. Es ist also aus unserer Sicht durchaus möglich, auch bei dem herrschenden russophoben Wahn für ein Frieden mit Russland einzutreten.



Kategorien:Aktuelles, Deutsch-russisches Verhältnis, Unsere Themen, Viel gelesen

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